Im malerisch wolkenverhangenen Licht zeigt sich der isländische Fjallsjökull Gletscher mit den Ausläufern der Fjallsárlón Lagune, in der zahlreiche Eisberge treiben. Aus diesem Gletscher ragt eine rapide größer werdende herzförmige Felsinsel – ein Sinnbild für Liebe, Verletzlichkeit und Hoffnung zugleich.
Hier am Tor zur Arktis, wo das Eis seit Jahrtausenden das Land geprägt hat, vollzieht sich ein leiser, aber unerbittlicher Wandel, den wir als Menschheit verursacht haben. Der Fjallsjökull Gletscher, ein Auslassarm der mächtigen Vatnajökull-Eiskappe, zieht sich, wie alle anderen Gletscher auch, durch den Klimawandel jedes Jahr weiter in höhere Regionen zurück. Mit dem Schmelzen wird in immer kürzeren Zeitintervallen immer mehr Land freigelegt, werden Felsen sichtbar, die zuvor unter dem ewigen Eis verborgen lagen. So entstand auch dieses schwarze Herz inmitten des Gletschers – eine Mahnung an uns als Menschheit achtsam zu sein.
Denn während die Schönheit dieser Landschaft uns überwältigt, erzählt sie dem aufmerksamen Beobachter zugleich von Verlust. Seit der Industrialisierung um das Jahr 1850 hat das Eis Islands 16 Prozent seines Volumens eingebüßt, sieben Prozent davon seit dem Jahr 1995. Seit 2010 beschleunigte sich der jährliche Verlust an Eis um das Fünffache gegenüber dem Langzeitmittel. Dadurch gingen inzwischen 18 Prozent der ursprünglich eisbedeckten Fläche Islands unwiederbringlich verloren. In den vergangenen 25 Jahren ging genauso viel Eis verloren wie in den 100 Jahren davor – ein klarer Beleg für dramatische Beschleunigung der Erwärmung, vergleichbar mit weltweiten Entwicklungen. So haben die weltweit schmelzenden Gletscher bereits einen Anteil am Meeresspiegelanstieg von 22 Prozent. Durch das Verschieben dieser temperaturabhängigen Lebensräume sind zudem unzählige Arten bedroht. Was im Nebel friedlich wirkt, ist in Wahrheit ein dramatischer Weckruf.
Sehen wir das Herz im Fjallsárlón als Aufforderung, nicht nur zu bewundern, sondern zu handeln. Es spricht von der Zerbrechlichkeit der Natur – und zugleich von der Möglichkeit, unser eigenes Herz zu öffnen. Nicht das Eis der Erde soll verschwinden, sondern die Kälte in uns – die Gleichgültigkeit gegenüber dem, was wir verlieren.
Wer achtsam in diese Landschaft blickt, sieht weit mehr als eine raue, nebelverhangene Landschaft. Wir blicken in das Herz der Erde, freigelegt durch den Klimawandel, ein Symbol für das, was wir schützen sollten – wenn wir endlich den Mut haben, uns zu ändern.
Lasst uns das Eis in unseren Herzen zum Schmelzen bringen – damit das Eis der Erde bestehen bleibt. Jeder kleine Funke zählt, wenn er von Herz zu Herz springt.