Aquarell aus Staub und Licht

Wie so oft sind es diese seltenen und unplanbaren Augenblicke, die Landschaften in ein Gemälde verwandeln. Zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein bedeutet viel Planung und noch mehr Geduld. Am bedeutendsten ist es jedoch, diesen Moment mit Achtsamkeit zu erkennen.

Das Tal des Todes im Südosten Kaliforniens ist berüchtigt für seine gnadenlose Hitze, bei der die Sonne von einem wolkenlosen Himmel herabbrennt. Deswegen ist es vor allem in den Sommermonaten geraten, diese Landschaft zur Mittagszeit zu meiden. Selbst im April, als dieses Bild entstand, war es bereits unerträglich heiß, doch es galt eine Location zu erkunden, die für den Sonnenuntergang geplant war. Im gleißenden Licht, inmitten der Salzpfannen des ausgetrockneten Lake Manly, bildete sich in einiger Entfernung ein regional begrenzter Staubsturm.

Wenn die Hitze über dem Salzboden flimmert und kühlere Fallwinde aus den umliegenden Bergen ins Tal strömen, entsteht zuweilen ein einzigartiges Zusammenspiel aus Licht, Luft und Staub. Treffen die erhitzten Luftschichten am Boden auf die kälteren, von den steilen Berghängen herabfallenden Luftströmungen, lösen sich verwirbelnde Windbewegungen vom Boden ab und steigen schlauchartig in die Höhe. Aus dem Zusammenstoß dieser Temperatur- und Druckgegensätze wächst ein rotierender Aufwind, der Staub und Sand mit sich reißt. Was als lokaler Wirbel beginnt, kann sich in der Weite des Tals zu einem wandernden Schleier eines Staubsturms ausdehnen, der – wie in diesem Moment – die Hänge des Tales in diffuses Licht hüllte. Die Sonne wurde kurzzeitig so weit abgeschattet, dass für wenige Augenblicke diese gemäldeartige Stimmung entstand. Nachdem der Staubschleier durchgezogen war, kehrte das harte, kontrastreiche Licht der Sonne zurück und nahm der Szenerie jeglichen Wiedererkennungswert.

Diese Landschaft gehört zu den sogenannten Badlands: stark erodierte Sedimentformationen, geschaffen von Zeit, Wasser, Erosion und tektonischer Hebung. Die Ablagerungen bestehen aus tonigem Schlamm, kiesigen Sanden, vulkanischer Asche und Silt – fast zu Staub zerriebener Sand und Ton. Diese Sedimente stammen aus dem späten Pleistozän, dem Zeitalter der Eiszeiten. Geformt wurden die Badlands als Teil großer Schwemmfächer, der Alluvial Fans, die durch episodische Regenfälle entstanden, welche Geröll, Sand und Salz aus den Gebirgen ins Tal transportierten. Die in den Trockenzeiten zurückbleibenden Schichten sind porös, bröckelig und zerfurcht. Ihre bezaubernden Farben stammen von Mineralien: Eisenoxide färben die Sedimente rot, grün und braun; Tonminerale erzeugen graue, bläuliche und violette Töne; während das Schwarzgrau dieser Landschaft auf Basalt aus vulkanischen Ausbrüchen zurückzuführen ist.

Während der Eiszeitzyklen war das Death Valley Teil eines ausgedehnten Sees, des Lake Manly, der die gesamte Gegend bis vor rund 10 500 Jahren bedeckte. Als der See in der Hitze auszutrocknen begann, blieb das Salz zurück und formte die uns heute bekannte Landschaft.

So zeigt sich eine der lebensfeindlichsten Gegenden der Erde für einen Augenblick in sanftester Anmut. Wahre Schönheit drängt sich nicht auf – sie offenbart sich. Still, verhalten, nur für jene, die bereit sind, achtsam zu sein und für einen Moment gemeinsam mit der Erde zu atmen. In diesem Moment wird aus der Wüste ein Spiegel der Zeit: geologischer Tiefe, Klimaschwankungen und uralten Seebecken – und damit auch ein Spiegel für uns selbst. Ein Erkennen, dass alles miteinander verbunden ist und wir gemeinsam mit diesem lebendigen Planeten atmen, in diesem Aquarell aus Licht und Geologie.

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