Die Maroon Bells bei Aspen in Colorado spiegeln sich bei Sonnenaufgang im Maroon Lake. Die tiefrot von der Sonne angestrahlten Gipfel der 4.315 m und 4.270 m hohen Maroon Bells, den kastanienfarbenen Glocken, liegen nur 500 m auseinander. Sie bestehen aus rötlichen Ton- und Sandsteinen, die vor mehr als 300 Millionen Jahren schon einmal ein hohes Gebirge formten; die Uncompahgre Mountains. Uncompahgre bedeutet in der Sprache der Ute Indianer „Fels, der das Wasser rot färbt“ und beschreibt diese Berge damit ganz sinnbildlich. Die rote Färbung der Gesteine wird durch Eisenoxid verursacht. Der Maroon Lake liegt auf einer Höhe von 2.920 m und entstand in Folge einer Hangrutschung an den steilen Berghängen, die einen Felssturz auslöste. Dadurch konnten sich die Schmelzwässer des Maroon Creeks im Talboden zum See aufstauen. Der Talboden wurde von den Gletschern der letzten Eiszeit ausgeschürft. Diese Gletscher formten auch die markante Gestalt der Maroon Bells. Der See ist umgeben von Espen, Fichten und Tannen und an seinen Rändern blüht im Sommer der beeindruckend große Wiesenbärenklau (Heracleum sphondylium).
Die geologische Geschichte der Gesteine, die die Maroon Bells aufbauen, beginnt im Karbon vor mehr als 350 Millionen Jahren. Mit der Schließung des Iapetus Ozeans, dem verschwundenen Ozean an dessen Stelle heute der Atlantik liegt, kam es zur Kontinent-Kontinent Kollision zwischen den beiden Großkontinenten Laurentia (Nordamerika, Europa und Asien) und Gondwana (Südamerika, Afrika, Australien, Indien und Antarktis). Damit verbanden sich alle Landmassen zu einem Superkontinent namens Pangaea, der Allerde. Entlang der Kollisionsnähte entstanden endlose Gebirgsketten, vergleichbar mit dem heutigen Himalaya. Die Kollision stauchte die kontinentale Kruste um mehr als 100 km, verdickte sie entsprechend und verschob ganze Landschaften seitwärts gegeneinander und stapelte sie übereinander. Im Bereich des heutigen Nordamerikas führte diese Kollision unter anderem zur Heraushebung der ursprünglichen Ancestral Rocky Mountains. Dieses heute längst wieder abgetragene Gebirge zergliederte sich in zahlreiche Bergketten, von denen eine die Uncompahgre Mountains bildete. Diese Berge erstreckten sich vom heutigen New Mexico über Colorado bis nach Utah.
Die Landschaft Nordamerikas muss zu dieser Zeit spektakulär ausgesehen haben. Während sich im Westen der Ur-Pazifik, der Panthalassa Ozean erstreckte, waren große Teile des nordamerikanischen Kontinents vor 310 Millionen Jahren vom Absaroka-Schelfmeer bedeckt. Dieses Flachmeer flutete eine vormalige Karstlandschaft aus Kalk und Dolomit, die vor 350 Millionen Jahren entstanden war. Zahlreiche Höhlen, Kavernen und Dolinen kennzeichneten diese Landschaft. Der lange Kontakt dieser Gesteine mit dem Meerwasser bewirkte eine tiefgreifende Verwitterung in ein rotes, schlammiges Sediment. Aus diesen roten Sedimenten und den unterliegenden Sandsteinen und Graniten erhoben sich durch die gewaltige Kollision, die den Superkontinent Pangaea erzeugte, zahllose Inseln und zerklüftete Gebirgszüge aus dem Meer. Diese abwechslungsreiche Landschafte aus Meereszungen, Stränden, Gezeitenbereichen mit Flussdeltas, Inseln und Gebirgen bot einer Vielzahl unterschiedlicher Tier- und Pflanzenarten ideale Lebensbedingungen. Im Flachmeer bildeten sich zudem massige Karbonatkalke und Salzsedimente, als das Meerwasser im zunehmend tropisch-heißen Klima der Permzeit verdunstete. Entsprechend bildeten die Sedimente eine chaotische Abfolge aus Kalk, Dolomit, grob- bis feinkörnigen Sanden, tonigen Schlämmen und unsortiertem Geröll.
Zur Zeit des Perms und der Trias vor 300 bis 200 Millionen Jahren, zeitgleich mit dem Aufstieg der Dinosaurier, zog sich das Absarokameer durch den absinkenden Meeresspiegel wieder vom Kontinent zurück während die Uncompahgre Mountains langsam wieder abgetragen wurden. Wind und Wetter erodierten das rote Gestein zu Ton-, Silt- und Sandsteinen, die sich mit bis zu 3.700 m Mächtigkeit als Cutler Formation absetzten. Diese Gesteinsserien sind die Verwitterungsprodukte feldspatführender Gesteine. Zumeist wandeln sich die Feldspäte durch chemische Verwitterung relativ schnell in Tonminerale um. Bleibt der Feldspat dagegen im Sediment erhalten, deutet dies auf einen kurzen Transportweg durch Flüsse und eine hohe Akkumulationsrate des Sediments hin, passend zur Abtragung eines hohen Gebirges. Hinzu kommen eine nur mäßige Sortierung und die schlechte Rundung der Sandsteinkörner.
Der geringe Anteil an Fossilien weist zudem auf eine zunehmend kontinentale Ablagerung in einem Wüstenklima hin, was zusätzlich die langsame chemische Verwitterung der Feldspäte begünstigt. Die lange Versenkung dieser lockeren Sedimente in der Tiefe bewirkte deren Verfestigung zum Gestein der Cutler Formation. Diese im Südwesten der USA weit verbreiteten roten Gesteine bekamen regional viele verschiedene Namen und bilden zahlreiche berühmte Felsformationen, darunter das Monument Valley.
Als vor 80 bis 40 Millionen Jahren die modernen Rocky Mountains durch die Laramidische Gebirgsbildungsphase entstanden, wurden die uralten Sedimente der Cutler Formation tektonisch reaktiviert und erneut zum Gebirge aufgefaltet. Im Bereich der Maroon Bells wurden vor allem die Schichten der roten Tonsteine herausgehoben. Sie wurden durch den Kontakt mit granitischen Magmen zum Teil stark erhitzt und dadurch gehärtet. Andererseits laugten vulkanische Fluide die Tonsteine chemisch aus und bewirkten neben einer Farbveränderung in ein Graurot auch eine Zermürbung des Gesteins. Daher sind die Maroon Bells unter Bergsteigern berüchtigt für ihre brüchigen Gesteine die tückische Steinschläge auslösen können.
Die intensiven Farben bei Sonnenaufgang geben den Gesteinen der Maroon Bells für einen kurzen Moment ihre ursprüngliche Farbpracht wieder. Die charakteristische Form der Maroon Bells ist ein einzigartiger Anblick! Aber wer weiß, was für prächtige Gipfel diese Gesteine vor 300 Millionen Jahren waren, als sie die Uncompahgre Mountains bildeten?