Ein stiller, gefrorener Waldhang, eingehüllt in dichten Winternebel in den Gipfellagen des Schwarzwalds. In der mit Feuchtigkeit gesättigten Luft bildete sich feiner Raureif und formte eine zauberhafte Miniaturwelt aus Eiskristallen auf jedem Zweig und jedem Blatt.
Die jungen Buchen halten selbst im tiefsten Winter noch an ihren verwelkten, goldbraunen Blättern fest, als könnten sie sie unter zärtlichem Trotz nicht loslassen. Dieses Phänomen ist allerdings rein biologischer Natur und nennt sich Marzeszenz.Dies ist das gezielte Zurückhalten des Laubabwurfs, eine raffinierte Überlebensstrategie. Die vertrockneten Blätter schützen die neuen, zarten Knospen vor Frost, Wind und Verbiss durch Wildtiere. Wenn die alten Blätter erst im Frühjahr abfallen, können ihre Nährstoffe zudem direkt in den auftauenden Boden eindringen – und stehen den jungen Buchen sofort für ihr Wachstum zur Verfügung. Eine meisterhafte Anpassung an das raue Leben im Wald, im Schatten der großen Bäume. Ein Zeichen dafür, wie ausgeklügelt die natürliche Intelligenz der Natur bis ins kleinste Detail wirkt.
Der warme Goldton der Blätter des Vorjahres bildet einen leuchtenden Farbakzent im monochromen Schwarz und Weiß des Nebelwalds. Es war, als hätte der Wald seine Sprache gewechselt. Anstatt mit Tierstimmen und raschelndem Blattwerk, sprach er nun mit Formen, Texturen und Licht. Eine Erinnerung daran, dass wahre Schönheit gleichermaßen im Bleiben und Vergehen liegt.